So, da ich ja jetzt einen Blog habe, kann ich das doch gleich einmal nutzen, um mich so richtig aufzuregen.

Am vergangenen Donnerstag, den 26.09.2019, veranstaltete die DAK in Jena einen kostenfreien Vortrag der bekannten Pädagogin Katia Saalfrank (https://www.katiasaalfrank.de/). Vielen kenne sie sicherlich aus der RTL-Sendung „Die Supernanny“, die vor etlichen Jahren im TV lief.

Das Vortragsthema „Kindheit ohne Strafen“ lockte mich ziemlich schnell hinter dem Ofen hervor, da es meine 4,5-Jährige im Moment relativ rasant schafft, mich zur Weißglut zu bringen (wer kennt es nicht?).

Der Auftritt war jedenfalls sehr spannend und das Konzept „Kinder besser verstehen“ – zu welchem es übrigens sogar in Gotha Workshops gibt (https://www.praxis-liebelei.de/praxis-liebelei-gotha/) – spricht mich sehr an. Da ich selbst Pädagogin bin, versuche ich sowieso schon immer, in diese Richtung zu arbeiten. Ein paar gut umsetzbare Ideen kann man aber immer gebrauchen.

Gespannt auf „neue wertschätzende Wege“ der Kindererziehung saß ich nun mit Freunden und meinem kleine Sohn (der noch nicht so lange zu Hause bei Papa bleiben kann, da er sonst kläglich verhungert) dort. Mein Kind (nicht das einzige Baby im Raum) war sichtlich gut gelaunt und interessiert an der Umgebung. Das Volksbad Jena ist zum Glück ein relativ großzügeriger Raum und an den Rändern waren Flächen, auf denen die Kinder krabbeln konnten.

Nun, wie wir alle wissen, machen Babys Geräusche. Sie brabbeln, sie kirchern mal, sie klatschen in die Hände… manchmal weinen sie – aber das tat an diesem Abend keines der anwesenden Babys/Kinder.

Der Vortrag lief vielleicht 15 Minuten, als mich eine Frau völlig erbost an“sprach“, dass ich doch mit meinem Sohn sofort den Raum verlassen sollte, da er „nervt“. Ich würde weder mir noch meinem Kind einen Gefallen tun und sie könne sich nicht konzentrieren.

Wow. Babygebrabbel ist also ein Grund, Menschen aus einem Raum „entfernen“ zu wollen. Ich war völlig sprachlos. So fühlen sich also Frauen, die in einem Café stillen und vor die Tür gesetzt werden.

Ich verbrachte den Rest des Vortrags am Ende des Saals, um niemanden „zu stören“ und ärgere mich im Nachhinein darüber.

Natürlich suchte ich zunächst die Schuld bei mir. Hätte ich doch zu Hause bleiben sollen? Hätte ich meinem Sohn irgendwie „ruhig stellen“ sollen? – Quatsch! Schnell wurde mir klar: Wir wollen an diesem Abend etwas über wertschätzende Wege des Umgangs mit Menschen lernen und man bekommt es nicht einmal hin, das Brabbeln eines Babys (nicht schreien, nicht weinen, nicht mit 500 Dezibel!) zu ertragen, ohne völlig entnervt anderen Vorwürfe zu machen und sie des Raumes zu verweisen? Was läuft hier eigentlich falsch?! Ich kann diese Reaktion im Kontext, dass wir uns hier auf einem kostenfreien Vortrag über Kindererziehung befinden, einfach nicht nachvollziehen.

Ich frage mich in diesem Zusammenhang – und in ganz vielen anderen Situationen auch – warum Empathie eigentlich so schwierig für manche ist. Warum um Himmels Willen ist es notwendig, so unfreundlich zu sein? Warum ist es so schwer, anderen Menschen nicht direkt das Brett vor den Kopf zu knallen.

Ich frage mich tatsächlich ernsthaft, was uns davon abhält, die Bedürfnisse und Lebensumstände anderer einfach mal zu überdenken, bevor man lospoltert. Innehalten, kurz empathisch nachdenken und dann noch einmal überlegen, ob die andere Person jetzt wirklich so eine unsensible Standpauke verdient hat.

Innehalten. Ja, das ist vermutlich auch der Knackpunkt an wertschätzender Erziehung. Andere Personen verstehen WOLLEN und sich Mühe geben, anderen Standpunkten Gehör zu schenken. Das ist nicht nur in der Erziehung wichtig, sondern auch in der Politik – und auch da fällt es vielen schwer.

Wahrscheinlich hatte diese Frau einen anstrengenden Tag hinter sich. Vielleicht hat sie Stress oder ist überarbeitet. Das kann gut sein. Vielleicht hilft uns allen bei Stress einfach, sich nicht noch mehr Stress zu machen 😉

Ein bisschen mehr WIR und manchmal ein kleines bisschen weniger ich, ich, ich…

Und nein, liebe Eltern, keiner von euch muss sich mit den Kids daheim einsperren, nur weil manche den Anblick, den Duft, die Geräusche oder die Nahrungsaufnahme eurer Babys/Kinder nicht ertragen können.

Niemand sollte anderen verbieten wollen, an Gesellschaft Teil zu haben. Vielleicht hatte die ominöse erboste Frau ja nach dem Vortrag von Frau Saalfrank auch noch eine Erleuchtung. Es wäre ihr zu wünschen.


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